Gute Nacht.

Anders als bei Whiskey und Rum muss Gin eigentlich nicht reifen. Heißt, er kann sogleich weiter verarbeitet werden. Ab in die Flaschen und tschüss. Theoretisch. Denn immer mehr Stimmen werden laut, dass eine Lagerung auch hier der Verstärkung und gar Neubildung von Aromen dient. Dank der Zuführung von Luftsauerstoff wird der Gin runder, die Aromen ausbalancierter. Ich kenne sogar einen Destillateur, der eine kleine Wasserpumpe ins Destillat hängt, um diesen Vorgang zu beschleunigen. Destillateure sind eben wahre Erfinder. Und ihr Job endet noch lange nicht direkt nach der Destillation. Die einen schwören bei der Lagerung des Feindestillats auf Steingutfässer wie der Monkey 47, die anderen bevorzugen Edelstahl (BLACK GIN) oder Glas (G=in³ aus dem Hause Ziegler). Von der Lagertemperatur ganz zu schweigen. Wiederum andere geben ihren Gins erst nach der Vermählung mit Wasser Zeit zur Entfaltung. So genießt jeder Gin seine individuelle Ruhezeit. Angenehme Nachtruhe. Ob das Feindestillat zuvor noch mit Essenzen oder einer besonderen Weininfusion (Ferdinand`s Saar Dry Gin) angereichert wird, um das Geschmackserlebnis zu toppen, liegt erneut ganz in den Händen des Destillateurs. Es ist sogar möglich, verschiedene geistliche Destillate zu vereinen. Mindestens eines davon muss mit Wacholderbeeren aromatisiert sein. Wie beim WINDSPIEL GIN, der dann sogar erneut destilliert wird. Übrigens, alle Aromen müssen natürlich, mindestens naturidentisch sein. Künstliche Ingredienzien sind im Gin fehl am Platz. Und dann gibt es noch sogenannte Reserved Gins. Hierbei erhält das Feindestillat Farbe und Geschmack durch die Lagerung in Holzfässern – neue oder alte (z.B. Sherry- oder Whiskeyfass). So erhält der HOOS GIN durch eine Eichenfasslagerung eine angenehme Vanillenote und wandelt sich zum HOOS GIN RESERVE. Nichts scheint unmöglich. Gin ist eine wandelbare Spirituose. Faszinierend und genussvoll zugleich.

Ja, ich will.

Endlich ist es an der Zeit, das Destillat auf trinkbare Prozente herab zu setzen. Mindestens 37,5 % vol. Alkohol muss ein Gin laut EU-Verordnung haben, um sich so nennen zu dürfen. Die meisten Gins liegen aber zwischen 40 und gar 49 % vol. Schließlich ist Alkohol ein wichtiger Geschmacksträger. Das Destillat weist häufig einen Alkoholgehalt von über 70 % vol. auf. Und so geschieht es. Es wird geheiratet (Vermählung mit Wasser). Heißt, das Gin-Destillat wird mit Wasser auf eine angenehme Trinkstärke gebracht. Verwenden die einen normales demineralisiertes Trinkwasser, sind die anderen ganz stolz auf ihr eigenes reines Quellwasser. Beim Einstellen des Alkoholgehaltes muss der Destillateur erneut sein Geschick beweisen. Was für den einen Gin an Prozenten zu viel ist, erscheint für einen anderen zu wenig. Deshalb endet erst hier die endgültige Rezeptur, nicht aber die Handarbeit. Durch die Zugabe von Wasser können sich winzige Aromenöl-Tröpfchen bilden. Der Gin erscheint bei Kühlung leicht milchig-trüb, abhängig von den verwendeten Botanicals. Manche Hersteller stehen dazu und verzichten bewusst auf eine Filtration. Meist aber wird zumindest leicht filtriert, um so wenig Aromen wie möglich, in den Hintergrund zu drängen. Das Auge trinkt ja bekanntlich mit. Ob dies nun über Eiweißfilter, Steine oder gekühlt erfolgt, sei dahin gestellt. Und endlich heißt es, ab in die Flasche und nach Hause zu uns Gin-Liebhabern und in die Bars dieser Welt. Oder doch noch etwas Ruhezeit gefällig? Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.

CHEERS,

Dein Gino