Hallo Sepo. Verrate uns doch kurz, mit wem du deine Leidenschaft für Cocktails teilen möchtest.  

Sepo: Hi, ich bin Sepo (eigentlich Sebastian) und betreibe seit inzwischen 2 Jahren den Cocktail- und Barblog Galumbi – Drinks & More. In meinem Blog richte ich mich nicht nur an Interessierte aus der Barszene, sondern möchte dazu animieren, sich zu Hause mit dem Thema „Cocktails“ zu beschäftigen. Also auch die Leute erreichen und ansprechen, die bislang eher weniger mit der Materie zu tun hatten und deren Interesse an Rezepten und Hintergründen wecken.

Wie kamst du auf die Idee, einen eigenen Blog zu veröffentlichen? Warum ausgerechnet Mixed Drinks & Cocktails?

Sepo: Eigentlich hat alles eher mit der Leidenschaft fürs Kochen angefangen. Obwohl ich aus keiner Gastronomenfamilie stamme und auch keine Gastronomieerfahrungen in der Jugend gesammelt habe (anders als viele meiner Kollegen), war ich relativ früh begeistert von gutem Essen. Und bereits gegen Ende der Schulzeit habe ich zunehmend begonnen, für mich selbst zu kochen. Während des Studiums hat sich das Ganze dann im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten noch etwas weiterentwickelt. Bis ich schließlich auf das Thema Spirituosen stieß. Tatsächlich hat alles mit Gin und einem klassischen Martini angefangen. Ich habe einen Beitrag über das Thema im Internet gesehen und mich haben die historische Dimension dieses Cocktails und all die Anekdoten begeistert. Ich hatte ja gar keine Ahnung, was für eine kulturelle Institution so ein Cocktail sein kann. Zuvor hatte ich von der Thematik überhaupt keinen Schimmer und ein Cocktail war für mich halt eines dieser Mischgetränke, die den Alkohol verschleiern – das kann man von einem trockenen Martini nun allerdings nicht gerade behaupten. Überhaupt: Zuvor hätte ich einen Martini für einen italienischen Wermut gehalten.

Jedenfalls besorgte ich mir bewusst meine erste qualitativ höherwertige Spirituose: einen Tanqueray No. 10. Einen deutschen Gin suchte man damals (es müsste so Anfang 2007 gewesen sein) im Ruhrgebiet vergeblich. Zumindest fand ich keinen. Eine Zeit lang blieb es jedenfalls bei Martinis und Gin & Tonics, bis dann meine nächste große Leidenschaft hinzukam und ich mich mit dem Thema Single Malt Whisky beschäftigte. Naja und irgendwann ist es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis man auf das Thema Mixed Drinks und Cocktails stößt. Hier hat mich von Anfang an fasziniert, welch immense historische und kulturelle Dimension die Thematik aufweist. Als ein sehr an Kultur- und Geistesgeschichte interessierter Mensch rannte das bei mir regelrecht offene Türen ein. Und auch wenn ich eigentlich studierter Sozialwissenschaftler und Philosoph bin, so ist es doch auch mal sehr schön, sich mit weniger ernsten Fragen des Lebens zu beschäftigen. Ich bewundere (Populär)historiker wie David Wondrich, die es geschafft haben, Beruf und Passion miteinander zu verbinden.

Deine Bar zuhause muss mittlerweile enorm groß sein. Wohin mit all den Spirituosen, die du testest?

Sepo: Ja, das ist in der Tat so eine Sache. Zum Glück verfüge ich über einen großen Keller (lacht). Nein, im Ernst: Ich empfehle manche ansprechende Spirituosen gern auch im Freundes- und Bekanntenkreis und wenn ich Gäste habe, stelle ich mich gern an meinen kleinen Barwagen und lasse den Shaker sprechen. So verbrauchen sich die Vorräte mit der Zeit. Aber natürlich kaufe ich mir auch regelmäßig Nachschub. Inzwischen führe ich zudem getrennte Systeme für Spirituosen: die, welche ich (fast) ausschließlich pur genieße, lagere ich in eigenen Schränken und in anderen Räumen als die, welche ich hauptsächlich fürs Mixen in der Bar benutze (und deshalb auch dort lagere).

Du bist es zwar (noch) nicht: Barkeeper als Beruf(ung). Dein geheimer Traum?

Sepo: Ganz ehrlich? Vermutlich nicht. Zum einen habe ich einen Höllenrespekt vor jedem Barkeeper, der seinen Job wirklich gut macht. Das ständige Hin- und Herswitchen zwischen stressiger Arbeit, Understatement, stilechter Konversation und dem richtigen Auge für den Gast ist nichts, was man mal eben so macht. Da gehört schon eine ganze Menge Fingerspitzengefühl, Energie, Leidenschaft und natürlich auch Knowhow dazu. Zudem bin ich fasziniert davon, wie viele Rezepturen wirklich gute Barkeeper auswendig können. Ich habe natürlich auch einige Rezepte im Kopf und interessiere mich insbesondere für die Essenz bzw. die Systematik der verschiedenen Stile, aber vermutlich würde ich an einem stressigen Abend in einer gut besuchten Bar hinterm Tresen untergehen. Und neben den ganzen „Martial Arts-Künsten“ mit Jigger und Shaker meiner Nebenbartender sähe ich wohl eher lächerlich aus.

Dass du die Zubereitung der Drinks regelrecht zelebrierst, sieht man an deinen Fotos. Das Auge trinkt immer mit? Oder kommt es doch nur auf den Geschmack an?

Sepo: Auch wenn das Wort ziemlich abgedroschen ist: Ich sehe Cocktails als etwas Ganzheitliches. Wenn ich in einer Bar einen Drink bestelle, dann will ich auch etwas über den Drink wissen. Im Idealfall mehr als nur über die Zutaten, die darin sind - vermutlich kann ich ein relativ nerviger Gast sein, je nachdem, wer da so hinterm Tresen steht. Und natürlich soll das Ganze auch ansprechend und stilecht aussehen. Ich möchte mich ja ein Stück weit in eine andere Welt oder zumindest Atmosphäre entführen lassen und dazu zählt die richtige Präsentation. Das muss nicht zwangsläufig ausufernde Züge annehmen. Wenn ich z.B. einen japanischen Bartender bei der Arbeit beobachte und sehe, wie er einen Drink mitunter nicht einmal extra dekoriert, sondern lediglich kunstvoll das Eis für den Drink zurecht schnitzt, dann braucht es auch kein Mehr. Andererseits kann jeder, der z.B. in London mal das Nightjar besucht, erleben, wie weit man das Wort „Dekoration“ interpretieren kann. Was die Jungs und Mädels dort in puncto Garnitur machen, ist wirklich beeindruckend.

Der Bau eines Gin & Tonics sowie die Zutatenliste sind gegenüber Cocktails einfach gehalten. Wie schaffst du es, dem Gin & Tonic das Beste mit ins Glas zu geben?

Sepo: Beim Gin & Tonic zählen eher die Nuancen. An sich ist der Gin & Tonic ja fast immer gleich, so dass man eben genau darauf achten muss, welches Tonic zu welchem Gin passt. Bittere und knackige Tonics mixe ich eben gern mit kräftigen und wacholdertönigen Gins, eher frische und citruslastige Tonics mit wiederum dazu passenden Gins bzw. Ginstilen. Und dann ist da ja auch noch die Möglichkeit, den Gin & Tonic etwas zu pimpen. Manchmal setzt eben ein wenig Zitrusöl das i-Tüpfelchen, manchmal darf es auch ein Spritzer Saft aus einer gegrillten Limettenhälfte sein.

Dein liebster Deutscher Premium Gin? Wie trinkst du ihn am liebsten?

Sepo: Schwere Frage. So richtig mag ich mich da gar nicht festlegen. Natürlich hat auch mich damals der Monkey 47 wirklich nachhaltig beeindruckt. Auch der Ferdinand’s Saar Gin hat mir gut gefallen und jüngst hat mir der Siegfried Gin imponiert. Aber auch andere Hersteller punkten mit einer guten Qualität – in meinem Blog stelle ich ja auch immer mal wieder Gins vor, so dass man dort noch mehr über meinen Geschmack erfahren kann. Aber ich habe ohnehin das Gefühl, dass sehr viele gute Gins momentan in Deutschland an den Start gehen. Ich bin gespannt, wie sich das Genre in Zukunft entwickeln wird. Am liebsten trinke ich einen Gin übrigens nach wie vor in einem klassischen Martini – da kann er sehr gut zeigen, was er kann. Nicht zu trocken, meist mit Olive. Aber das variiert durchaus.

Gin & Tonic im Winter oder Sommer?

Sepo: Definitiv sowohl als auch. Tendenziell im Winter eher wacholdertöniger, im Sommer citrusfrischer. Aber diese Einschätzung wird jetzt vermutlich niemanden wirklich vom Barhocker hauen.

Eine Cocktailbar ohne Gin ist wie...?

Sepo: …ein Cocktail ohne Hintergrundgeschichte – es fehlt einfach etwas Entscheidendes.

Der Jahreswechsel steht an. Welcher Gin-Cocktail darf an Silvester nicht fehlen?

Sepo: Zu Silvester mache ich sehr gern eine schöne Punschbowle, z.B. einen Hot Gin Punch von Xavier Padovani. Ansonsten - zum stilechten Anstoßen - einen French 75 mit gutem Champagner.

Vielen Dank Sepo für das Interview. Von nun an werde ich einen Cocktail nicht nur einfach genießen... Sondern durchaus auch mal hinterfragen. Mehr erfahren unter galumbi.de.

AUF EUCH COCKTAIL-LIEBHABER,

Dein Gino