Ein Gefühl wie an Weihnachten

Bereits das Mazerat (Alkohol-Wassermischung) mit all seinen Botanicals rund um die Wacholderbeeren verströmt einen einnehmenden Duft. Der Alkohol tut sein Übriges und so kann es gut sein, dass ein zu tiefes Einatmen kurzzeitig die Sinne benebelt. Dieser Effekt verstärkt sich sobald das Mazerat im Brennkessel langsam erhitzt wird. Gut nachzuvollziehen, denkt man an heißen Glühwein. Und so sind wir mit unserer Erinnerung in der Weihnachtszeit angelangt. Auch Stephan Garbe von GIN SUL geht es ähnlich. Er beschreibt den funkelnden Brennkessel als glitzernden Weihnachtsbaum und wie er selbst immer wieder aufs Neue total fasziniert davor steht, wie sich der Dampf aus dem Brennkessel nach oben kämpft. Und es in der ganzen Gin-Manufaktur nach Zitronen und Rosmarin duftet... Doch zuvor heißt es Einheizen, denn bis der kupferne Brennkessel mit seinen 100, 300, selten mehr Litern Inhalt heiß genug ist, dauert es eine Weile. Entweder wird über Gas, elektrisch oder gar noch mit Holz beheizt. Wichtig ist, dass die Kesseltemperatur während der gesamten Destillation gleichbleibend ist. Deshalb muss die Temperatur immer wieder überprüft werden. Meist liegt diese um die 85 Grad. Es wird bewusst langsam und in kleinen Durchgängen destilliert. So haben die Aromen für den Gin genügend Raum zur Entfaltung.

Eine geistreiche Destillation

Der Destillateur gibt manche Botanicals erst ins Mazerat, wenn das Rührgerät im Brennkessel zu laufen beginnt. Auch hier entscheidet letztendlich die Gin-Rezeptur. Nun wird es also heiß. Im dabei entstehenden Dampf ist die Alkoholkonzentration höher als im Mazerat (Alkohol kocht bereits bei 78 Grad, Wasser erst bei 100 Grad). Der Dampf steigt empor. Und nun wird es geistreich. Der Geistkorb kommt bei so manchen Gins noch zusätzlich ins Spiel. Dieser wird befüllt mit ausgewählten Botanicals wie z.B. Rosenblättern, frischen Kräuter und Zitronenschalen in den Geisthelm eingehängt. Über die Brennblase. GIN SUL oder der Ferdinand`s Saar Dry Gin erhalten dadurch ihr unverwechselbares Aroma. Der Dampf strömt über die Zutaten und entzieht ihnen ihre Geschmacksstoffe. Durch das Geistrohr entweicht der Dampf nach oben und wird im Kühler wieder abgekühlt, kondensiert und tropft, hochprozentiger als zuvor, heraus. Als Feindestillat des Gins. In diesem Stadium mit Vorsicht zu probieren. Und nicht unbedingt schmackhaft, da der Alkoholgehalt einfach viel zu hoch ist. Je nach Brennanlage und Gin-Rezeptur durchlaufen manche Destillate erneut den gesamten Destillationsprozess. Nicht so bei der Rektifikation. Denn hierbei wird der Geist in einem Vorgang mehrfach destilliert. Übereinander gebaute Glockenböden mit kleinem Bullauge ermöglichen dies. In jedem einzelnen steigt der Alkoholgehalt erneut auf und die Geschmackskomposition wird weiter verfeinert. Wie beispielsweise beim Feel Gin aus München und GIN SUL aus Hamburg. Mitentscheidend für das Aroma des Gins ist letztendlich auch das Geschick des Destillateurs, der genau weiß, wann das Herzstück vom Rest zu trennen ist. Der Vor- und Nachlauf wird meist separiert. Genau das wollen wir: ein Feindestillat erster Güte. Fehlt eigentlich nur noch, dass das Feindestillat auf Trinkstärke gesetzt wird. Auch hier gibt es einiges zu berichten. Dazu bald mehr.

AUF DIE GUTEN GEISTER,

Dein Gino